Gemälde

Der Wolf im Schafspelz? Albrecht von Brandenburg als heiliger Martin

Simon Franck, Kardinal Albrecht von Brandenburg als Heiliger Martin, datiert auf 1543, Öl auf Lindenholz, Mainz, Bischöfliches Dom- und Diözesanmuseum (Bildrechte: Bischöfliches Dom- und Diözesanmuseum Mainz).

Es ist ein Moment des kurzen Innehaltens. Aus den Augen des ausgemergelten, knienden Mannes auf Simon Francks (Geburtsjahr unbekannt, gest. 1546/47) kleinformatigem Gemälde spricht die hoffnungsvolle Erwartung, das ihm gereichte Geld endlich klirrend in seine Schale fallen zu hören. Sein Blick zeugt, trotz der sichtbar großen Kluft zwischen ihm und seinem Gegenüber, von einer andächtigen Bewunderung für den Almosenspender, der sich in geradezu verblüffender Nähe zum Bettler befindet. Den Gesichtsausdruck des prunkvoll gewandeten Kirchenvertreters scheint der Anflug eines Lächelns zu bestimmen. Wie schon mit der Metapher in der Überschrift angedeutet, scheint hinter der vermeintlichen Gutmütigkeit jedoch eine andere Absicht verborgen zu sein.

Das vermutlich ehemals zur Ausstattung des Mainzer Doms gehörende Gemälde, stellt Albrecht von Brandenburg (1490-1545), einen der bedeutendsten Mainzer Erzbischöfe des 16. Jahrhunderts, dar. Als aktiver Förderer des Ablasshandels hatte er selbst zum wachsenden Unmut der Bevölkerung gegenüber dem katholischen Klerus zur Zeit der Glaubenskriege beigetragen. Allgegenwärtig war zu dieser Zeit der ordo-Gedanke (lat. „Ordnung“), nach dem die unterschiedlichen Stände gottgegeben waren. Wie für alle Angehörigen der Oberschicht, gehörte es jedoch auch für Albrecht gewissermaßen zum „guten Ruf“ das Leid der Armen durch Spenden zu mindern. Der Klerus bzw. das reiche Bürgertum gaben einen Teil ihres Vermögens nicht zuletzt auch deshalb an die ärmeren Stände ab, um ihr eigenes Seelenheil zu erlangen. Keineswegs verwunderlich ist es demnach, dass sich hierbei an den großen Persönlichkeiten der Kirchengeschichte orientiert wurde, die gewissermaßen eine Versinnbildlichung der Barmherzigkeit und christlichen Nächstenliebe darstellten.

Nicht nur auf diesem Gemälde, das heute im Mainzer Dom- und Diözesanmuseum zu besichtigen ist, wird Albrecht als heiliger Martin von Tours dargestellt. Bereits im Jahre 1524 bediente sich Simon Franck desselben Sujets als er eine Tafel für einen Flügelaltar des Mainzer Doms fertigte, die sich heute im Aschaffenburger Stiftsmuseum befindet. Anders als der heilige Martin, der in der Bischofskrümme dargestellt ist, teilt Albrecht jedoch nicht sein perlenbestücktes Gewand, sondern übergibt dem Bettler in beiden Gemälden eine Geldspende. Es handelt sich hierbei jedoch nicht nur um einige Pfennige, sondern um wertvolle, geprägte Goldmünzen. Eine Spende, die die Aussagekraft des Bildes, das in erster Linie als Zeichen für Albrechts Rang als Erzbischof und die angestrebte Präsentation seiner Fürsorge verstanden werden kann, abrundet.

Mainz als Kulisse?

Quellen zu Albrecht von Brandenburg

Text: Verena Berens

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